Beeinflusst eine Vasektomie die Sexualität?

03.07.2023

Die Sterilisation des Mannes (Vasektomie) ist mit einem Pearl-Index Wert von 0,1 die sicherste Verhütungsmethode für den Mann. Dennoch schrecken viele Männer trotz abgeschlossener Familienplanung davor zurück, sich einer Vasektomie zu unterziehen und setzen stattdessen weiterhin lieber auf weniger sicherere Methoden der Empfängnisverhütung.

Vor allem geistert eine irrationale Angst vor möglichen negativen Folgen einer Vasektomie auf Libido, Erektionsfähigkeit oder Männlichkeit durch die Köpfe vieler Männer. Tatsache aber ist, dass eine Vasektomie weder irgendeinen Einfluss auf die Potenz noch auf die Libido oder den Hormonhaushalt des Mannes hat.

Was passiert bei einer Vasektomie?

Im Zuge eines ambulanten, minimal-invasiven Eingriffs werden bei einer Vasektomie lediglich die Samenleiter, welche die Spermien von den Hoden zur Harnröhre transportieren, durchtrennt, abgebunden oder abgeklemmt.

Durch die Vasektomie wird also ausschließlich der Weg der Samenzellen zur Harnsamenröhre unterbrochen, sodass nach dem Eingriff keine Samenzellen mehr in die Samenflüssigkeit gelangen.

Potenz- oder Libidoverlust nach Vasektomie?

Durch eine Vasektomie kommt es zu keinerlei Veränderung des Hormonhaushalts. Die Libido, wie auch die sexuelle Funktion des Mannes sind nach dem Eingriff daher weiterhin ganz normal.

Kommt es unmittelbar nach Vasektomie zu einem Nachlassen der Libido oder zu Potenzproblemen, können körperliche Ursachen daher in der Regel ausgeschlossen werden. Vielmehr liegen die Gründe dann meist in psychischen Blockaden, wenn Patienten etwa das Gefühl haben, einen Teil ihrer Männlichkeit verloren zu haben („Sterilisationsneurose“).

Deutlich häufiger aber ist sogar das Gegenteil der Fall.  Verschiedene Studien 1, 2 zeigen immer wieder, dass eine Sterilisation des Mannes positive Auswirkungen auf die sexuelle Zufriedenheit der Patienten und ihrer Partnerinnen hatte.

Als Erklärung vermutet man, dass durch die Vasektomie die Sorge vor ungewollten Schwangerschaften wegfällt und Sexualität in Folge unbeschwerter und spontaner gelebt werden kann.

Auch Ejakulation weiter ganz normal

Auch die Ejakulationsfähigkeit bleibt nach der Vasektomie erhalten. Beim Gefühl des Samenergusses beim Orgasmus ist kein Unterschied festzustellen.

Im Sperma fehlen lediglich die Samenzellen selbst. Weil deren Anteil im Ejakulat aber ohnehin nur zwischen 5-10% ausmacht, ist das Fehlen der Spermien nicht zu sehen oder zu spüren. Auch Geruch, Aussehen und Konsistenz des Sperma nach der Vasektomie ändert sich nicht.  Es besteht – wie vor der Sterilisation auch – zum größten Teil aus Samenplasma, den Sekreten von Samenblase, Prostata und anderer Geschlechtsdrüsen.

Vor einem „Samenstau“ braucht der sterilisierte Mann keine Angst haben. Die Spermien, die weiterhin im Hoden produziert aber nicht mehr weitergeleitet werden können, werden vom Körper im Nebenhoden wieder abgebaut.

Die Angst vor der Endgültigkeit

Ein Argument vieler Männer ist auch die Sorge vor der Endgültigkeit einer Vasektomie. Tatsächlich sollte jeder Mann sich den Eingriff genau überlegen und die Familienplanung abgeschlossen sein.

Gleichzeitig muss aber auch gesagt werden, dass sich eine Vasektomie auch rückgängig machen lässt, sollte es doch noch einmal zu einem Kinderwunsch kommen.

Durch eine Vasovasostomie kann eine Refertilisierung des Mannes durchgeführt werden, indem die durchtrennten Samenleiter wieder zusammengefügt werden, oder der Samenleiter direkt mit dem Nebenhoden verbunden werden.

Sollte selbst diese Vasovasotomie keinen Erfolg versprechen, kann die moderne Medizin sogar noch Spermien aus dem Hodengewebe gewonnen werden, welches für eine künstlichen Befruchtung verwendet werden kann.

Vasektomie heute ein Routine-Eingriff

Im 21. Jahrhundert ist Verhütung ist keine reine Frauensache mehr. Die Sterilisation des Mannes ist die verlässlichste Form der Empfängnisverhütung und zu einem millionenfach durchgeführter Routine-Eingriff mit geringem Komplikationsrisiko geworden.

 


1 Engl T, Hallmen S, Beecken WD, Rubenwolf P, Gerharz EW, Vallo S. Impact of vasectomy on the sexual satisfaction of couples: experience from a specialized clinic. Cent European J Urol. 2017;70(3):275-279. doi: 10.5173/ceju.2017.1294. Epub 2017 Jun 23. PMID: 29104791; PMCID: PMC5656365.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29104791/

2 Mohamad Al-Ali B, Shamloul R, Ramsauer J, Bella AJ, Scrinzi U, Treu T, Jungwirth A. The effect of vasectomy on the sexual life of couples. J Sex Med. 2014 Sep;11(9):2239-42. doi: 10.1111/jsm.12567. Epub 2014 May 12. PMID: 24820516.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24820516/

Dr. med. Franklin Kuehhas

Über den Autor

Dr. med. Franklin Kuehhas Dr. Kuehhas ist Facharzt für Urologie und Andrologie. Er durchlief seine Ausbildung und Spezialisierung an den Medizinischen Universitätskliniken in Heidelberg und Wien sowie am University College London. Dort erwarb er auch seine Spezialisierung im Bereich der rekonstruktiven Andrologie. Zu den Schwerpunkten von Dr. Kuehhas zählen die Behandlung der Induratio penis plastica, der angeborenen Penisverkrümmung, die Implantation einer Penisprothese und auch die ästhetische Genitalchirurgie beim Mann.