Ejakulations­störungen beim Mann

23.02.2024

Der Samenerguss (Ejaculatio) erfolgt beim gesunden Mann gleichzeitig mit dem Orgasmus. Kommt dieser aber verfrüht, verspätet oder bleibt ganz aus, so spricht man von einer Ejakulationsstörung.

Als solche werden in der Medizin also verschiedene Formen eines gestörten Samenergusses subsummiert. Ejakulationsstörungen gehören neben Erektionsstörungen zu den häufigsten Sexualstörungen beim Mann.  Im Laufe ihres Lebens haben bis zu 30% aller Männer einmal Probleme mit ihrer Ejakulation.

Vorzeitiger Samenerguss (Ejaculatio praecox)

Die häufigste, und mitunter auch bekannteste, Ejakulationsstörung ist der vorzeigte Samenerguss. Dabei „kommt“ der Mann schon vor oder nur kurz nach dem Start der Penetration, also dem Eindringen des Penis in die Scheide, zu so dass der Geschlechtsverkehr für das Paar nicht befriedigend ist. Wobei kann das Empfinden, ob Mann „zu früh kommt“ recht subjektiv sein. Meist geht man davon aus, dass eine Ejaculatio praecox vorliegt, wenn der Mann weniger als drei Minuten „aushält“.

Eine vorzeitige Ejakulation kann psychische als auch körperliche Ursachen haben. Vor allem bei jüngeren, sexuell noch unerfahrenen Männern können Leistungsdruck und Angst die Partnerin zu enttäuschen zum Problem führen. Aber Stress und Überbelastung im Alltag werden als Auslöser gezählt.

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Körperlich können folgende Erkrankungen mit einem vorzeitigen Samenerguss einhergehen:

  • Entzündung der Prostata (Prostatitis)
  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
  • eine gesteigerte Produktion von Prolaktin (Hyperprolaktinämie)
  • Schwankungen des Testosteronhaushaltes

Es kann dazu eine generelle Überempfindlichkeit der Eichel (Glans penis) vorliegen und auch neurophysiologische Ursachen werden in der Forschung diskutiert.

Betroffene eines andauernden vorzeitigen Samenergusses leiden vor allem an psychischen Belastungen, welche sich negativ auf das Selbstbild des Mannes sowie auf die Partnerschaft auswirken. Um unangenehmen Situationen aus dem Weg zu gehen wird Intimität mitunter gänzlich vermieden.

Zur erfolgreichen Behandlung eines vorzeitigen Samenergusses ist es wichtig die Ursache zu kennen. Sind die Gründe psychischer Natur kann eine Psychotherapie bzw. Verhaltenstherapie helfen. Dazu gibt es verschiedene Übungen und „Techniken“ mit denen Mann lernen kann, den Orgasmus und damit die Ejakulation hinauszuzögern.

Medikamentös können Lidocain-haltige Salben auf die Eichel aufgetragen werden, um diese vorübergehend etwas weniger sensibel zu machen. Als Tablette eingenommen kann auch Dapoxetin helfen, die Ejakulation zu verzögern.

Verspäteter oder ausbleibender Samenerguss

Das Gegenteil des vorzeitigen Samenergusses ist der verspätete oder ganz ausbleibende Samenerguss. Im „Volksmund“ ist dies auch als „trockener Orgasmus“ bekannt.  Medizinisch lassen sich trockene Orgasmen in drei unterschiedliche Phänomene einteilen:

Ejaculatio retarda

Bei einer verzögerten Ejakulation kommt der Mann erst sehr spät zum Orgasmus und damit zum Samenerguss. Mitunter klagen betroffene Männer auch, dass der Höhepunkt weniger intensiv ist und nur eine kleine Menge Sperma langsam aus dem Penis fließt. Eine Ejaculatio retarda ist im Vergleich zu anderen sexuellen Funktionsstörungen eher selten.Auch bei dieser Ejakulationsstörung können die Gründe divers sein, wobei hier auch wieder psycho-sexuelle Faktoren eine Rolle spielen können:

Psychologische Ursachen:

  • Leistungsdruck bzw. Angst die Partnerin zu enttäuschen
  • sexuelle Unzufriedenheit
  • Beziehungsprobleme

Körperliche Ursachen

  • reduzierte Sensitivität des Penis bzw. der Eichel
  • Operationen an Prostata, Harnröhre oder anderen Eingriffen im Beckenraum
  • Nervenerkrankungen (Multiple Sklerose, Rückenmarksverletzungen…)
  • Diabetes mellitus
  • Medikamente (vor allem Psychopharmaka, Alphablocker & Beruhigungsmittel)
  • Testostonmangel

Die Behandlung der Ejaculatio retarda orientiert sich an den Ursachen. Eine Paar- oder Verhaltens- oder Sexualtherapie kann helfen, gemeinsam neue Formen der Sexualität und Stimulation zu finden. Liegen dagegen körperliche Ursachen zugrunde kann die Therapie je nach dem von Medikamentenwechsel, über die künstlichen Gabe von Testosteron (Hormonsubstitutionstherapie), bis hin zum Einsatz medizinischer Vibratoren reichen.

Retrograde Ejakulation

Bei einer retrograden Ejakulation gibt es ein Ejakulat, jedoch strömt dies beim Orgasmus nicht durch die Harnröhre nach außen, sondern wird „rückwärts“ in die Harnblase gestoßen.

Die Ursachen für eine solche Ejakulationsstörung sind dabei in einem nicht mehr korrekt schließenden Blasenschließmuskels zu finden. Die Funktion dieses Muskels kann beinträchtig sein aufgrund von:

  • Operationen an Prostata, Harnröhre oder anderen Eingriffen im Beckenraum
  • Nervenerkrankungen (Multiple Sklerose, Rückenmarksverletzungen…)
  • Diabetes mellitus
  • erhöhter Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Medikamente (vor allem Psychopharmaka, Alphablocker & Beruhigungsmittel)
  • Entzündungen der Harn- und Samenwege

Wie bei allen Ejakulationsstörungen gilt es für eine erfolgreiche Therapie einer retrograden Ejakulation den Auslöser zu finden. So können etwa Medikamente möglicherweise durch Alternativen ersetzt werden. Mitunter werden Antihistaminika eingesetzt, um retrograde Ejakulation zu unterbinden, bei anderen Patienten hilft eine Elektrostimulation, um den Samenerguss zu normalisieren.

Anejakulation bzw. Aspermie

Bleibt der Samenerguss überhaupt aus, spricht man von einer Anejakulation, Aspermie oder einem Ejakulationsverlust.  Auch hier kann es wieder verschiedene Ursachen geben.

In seltenen Fällen ist die Ursache für die Anejakulation angeboren, etwa weil die Samenblasen nicht richtig ausgebildet sind oder die Samenleiter verstopft sind (Verschluss des Ductus ejaculatorius).

Daneben kann eine Anejakulation aber auch erworben sein, wieder reicht die Liste möglicher Ursachen von Medikamentennebenwirkungen bis zu neurologischen Störungen der Nerven.

Neben den psycho-sexuellen Auswirkungen eines ausbleibenden Samenergusses, kommt bei trockenen Orgasmen natürlich hinzu, dass die Betroffenen mitunter nicht zeugungsfähig sind.

Durch Sympathomimetika, Medikamente, die das vegetative Nervensystem beeinflussen, lässt sich in einigen Fällen der ausbleibende Samenerguss behandeln. Besteht ein Kinderwunsch wird zum Zwecke der zum Spermagewinnung auch Vibrator-Therapie bzw. Elektrostimulation eingesetzt. Bei retrograder Ejakulation (Ejakulat geht in die Blase) kann der Samen für eine künstliche Befruchtung auch aus dem Urin gewonnen werden

Schmerzhafte Ejakulation

Ebenfalls als Ejakulationsstörung zählt, wenn Mann beim Samenerguss Schmerzen hat. Betroffene berichten von stechenden Schmerzen bei oder kurz nach der Ejakulation im Dammbereich.  Mitunter gehen die Schmerzen auch mit Blut im Sperma einher (Hämospermie).

Die Ursachen für Schmerzen bei der Ejakulation liegen meist in einer Erkrankung der Prostata (benigne Prostatahyperplasie, Prostatitis…) oder Entzündungen von Harn- und Samenleitern, Samenblase oder Nebenhoden.

 

Behandelt werden schmerzhaften Samenergüssen daher die Grunderkrankungen, wobei bei Entzündungen in aller Regel Antibiotika zum Einsatz kommen. Eine vergrößerte Prostata muss ggf. operativ behandelt werden.

Frühzeitig zum Andrologen

Scheuen Sie sich nicht Beschwerden bei der Ejakulation beim Facharzt anzusprechen. Je früher ein etwaiges Problem erkannt wird, desto höher stehen die Erfolgschancen, das Problem wieder in den Griff zu bekommen.

Falls Sie Veränderungen beim Wasserlassen bemerken, gehen Sie frühzeitig zum Andrologen oder Urologen!

Dr. med. Franklin Kuehhas

Über den Autor

Dr. med. Franklin Kuehhas Dr. Kuehhas ist Facharzt für Urologie und Andrologie. Er durchlief seine Ausbildung und Spezialisierung an den Medizinischen Universitätskliniken in Heidelberg und Wien sowie am University College London. Dort erwarb er auch seine Spezialisierung im Bereich der rekonstruktiven Andrologie. Zu den Schwerpunkten von Dr. Kuehhas zählen die Behandlung der Induratio penis plastica, der angeborenen Penisverkrümmung, die Implantation einer Penisprothese und auch die ästhetische Genitalchirurgie beim Mann.