Neurogene Erektile Dysfunktion

05.09.2025

Erektionsstörungen infolge von Nervenerkrankungen

Von einer neurogenen erektilen Dysfunktion (NED) spricht man, wenn Nerven, die für eine Erektion verantwortlich sind, geschädigt sind.  Man schätzt, dass zwischen 10 – 19% aller Erektionsprobleme auf eine neuronale Erkrankung zurückzuführen sind.
Grundsätzlich entsteht eine Erektion durch ein komplexes Zusammenspiel von Nervenreizen, Hormonen, Muskeln und Blutgefäßen: Über das Nervensystem wird die sexuelle Erregung aus dem Gehirn an den Penis weitergereicht. Die Nervenfasern im Penis setzen dort eine Reihe chemischer und hormoneller Prozesse in Gang, welche zu einer Entspannung der glatten Muskulatur und damit einer Erweiterung der Blutgefäße im Penis führen.

Durch die nun geweiteten Blutgefäße nimmt der Blutfluss in die Schwellkörper zu, der Penis wird größer und das Gewebe versteift sich. Gleichzeitig wird durch das Nervensystem der Blutabfluss aus dem Penis reduziert, um die Erektion aufrechtzuerhalten.

Sind zentrales oder peripheres Nervensystem geschädigt, kann somit ein wichtiger „Baustein“ im Erektionsprozess wegfallen.

Erkrankungen des Nervensystems und ED

Die Ursachen für eine solche erektile Dysfunktion können Erkrankungen des Gehirns, Rückenmarks oder der peripheren Nerven sein.

Zu solchen neurologischen Erkrankungen gehören unter anderem:

  • Neurodegenerative Erkrankungen: wie Multiple Sklerose (MS), Morbus Parkinson oder Morbus Alzheimer.
  • Metabolische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Schlaganfall
  • Nervenentzündungen wie etwa Enzephalitis.

Auch in Folge von Traumata mit Rückenmarksverletzungen oder bei Frakturen im Beckenbereich kann es zu Nervenschädigungen kommen, die mit einer erektilen Dysfunktion einhergehen.

Auch im Zuge von operativen Eingriffen wie einer Prostatektomie können die Nervenbahnen, die für die Erektion eine Rolle spielen in Mitleidenschaft gezogen werden.

Es sei natürlich festgehalten, dass nicht alle Männer, die unter einer solchen neurologischen Erkrankung leiden, auch zwangsläufig eine neurogene Erektionsstörung entwickeln.

Wie kann man neurologische erektile Dysfunktion behandeln?

Bei neurogenen Patienten ist die erektile Dysfunktion meist nur ein Aspekt ihres Leidens. Die neurologische Grunderkrankung zu behandeln ist daher natürlich das Ziel einer modernen ganzheitlichen Medizin. Zwar hat die moderne Medizin  in den letzten Jahren vielversprechende Fortschritte etwa im Bereich der Stammzellentherapie oder auch mit Therapien plättchenreichem Blutplasma (PRP) gemacht, trotzdem bleibt bei viele Nervenerkrankungen die Behandlung (noch) auf die Symptome begrenzt.

Die Behandlung einer neurologischen Erektionsstörung richtet sich nach der konkreten Ursache. Daher ist es zunächst wichtig zu herauszufinden, ob und welche neurologische Erkrankung vorliegt und der Grund für die Potenzproblematik ist.
Dann kann abhängig von der Grunderkrankung auch die Erektionsstörung entsprechend behandelt werden.

So ist mitunter eine medikamentöse Behandlung möglich, wenngleich Studien hier widersprüchliche Ergebnisse liefern. So können PDE-5-Hemmer in Tablettenform zum Einsatz kommen.
Die Anwendung von Prostaglandin E1 in Form von intraurethraler Medikation (Einbringen von in die Harnröhre) oder auch intrakavernöser Injektion (Einspritzen des Wirkstoffs in den Schwellkörper) scheint hier vielversprechender.  Bei Patienten, die unter einer Nervenerkrankung leiden, muss aber besonders auf Wechselwirklungen mit bestehender Medikation geachtet werden.

Durchaus positiv werten viele Patienten die Nutzung einer Vakuumerektionshilfe (Penispumpe). Durch das Vakuum kann der Blutfluss in die Schwellkörper ermöglicht werden, ohne dass die Nerven die nötigen Reize setzen müssen. Ein Penisring verhindert den Blutrückfluss, sodass die Erektion auch für einige Zeit gehalten werden kann.

Eine dauerhafte – aber auch endgültige – Lösung kann die Implantation einer Penisprothese ein. Hierbei wird ein Implantat in die Schwellkörper des Penis eingesetzt, wo die Prothese anschließend die Aufgabe des verlorenen Erektionsmechanismus übernimmt.  Penisprothesen gelten als sehr effektiv, sollten jedoch nur bei einer ausgeprägten Form der erektilen Dysfunktion in Betracht gezogen werden, da diese Maßnahme irreversibel ist.
Abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung kann eine Penisprothese so auch für Patienten mit einer neurogenen erektilen Dysfunktion eine Lösung sein.

Eine Einheitsbehandlung für neurogene Erektionsstörungen gibt es nicht. So wenig, wie es eine solche für Erektionsstörungen im Allgemeinen gibt.
Beim Auftreten von Erektionsproblemen, gilt es stets die Ursache zu identifizieren und zu verstehen, um dann einen „maßgeschneiderten” Therapieansatz für jeden einzelnen Patienten zu entwickeln, der dessen Bedürfnissen gerecht wird.

Dr. med. Franklin Kuehhas

Über den Autor

Dr. med. Franklin Kuehhas Dr. Kuehhas ist Facharzt für Urologie und Andrologie. Er durchlief seine Ausbildung und Spezialisierung an den Medizinischen Universitätskliniken in Heidelberg und Wien sowie am University College London. Dort erwarb er auch seine Spezialisierung im Bereich der rekonstruktiven Andrologie. Zu den Schwerpunkten von Dr. Kuehhas zählen die Behandlung der Induratio penis plastica, der angeborenen Penisverkrümmung, die Implantation einer Penisprothese und auch die ästhetische Genitalchirurgie beim Mann.